Gnade erkennen – Intimität wagen – „Zieh mich dir nach“ Hl 1,4

Wir hörten in den letzten Wochen viel über Hauptfeinde der Gnade
- Unabhängigkeit und Rebellion, ich mache was, wann und wie ich es will
- wenn wir unseren seelischen Regungen (Verstand und Gefühl) oder Menschen mehr glauben und vertrauen
(und danach handeln) als der Wahrheit Gottes .
- wenn wir auf etwas oder jemanden einschließlich uns selber, mehr hoffen als auf Gott
- Verhaltensweisen, auch christliche, mit denen ich mir all das selber und in eigener Kraft hole,
um meine tiefen inneren Bedürfnisse zu stillen

Es ist schwierig zu unterscheiden, was ich einsetze, ob es „mein eigenes Tun“ oder das Beanspruchen der Gnade Gottes ist.
Ein Beispiel aus einem Buch von I. Lorenz: Sie hatte einen Traum, wo sie auf einem Weg zu Fuß lief, dabei sehr schnell wurde, ohne eigene Anstrengung – und abhob zum Fliegen. In einem anderen Bild wurde sie getragen auf den Schultern von jemandem, der auch sehr schnell lief, aber deutlich langsamer als beim Fliegen.
Sie deutet dies als Beispiel, wie wir Dienstsalbung, Gaben, Fasten, Gebete, unseren Glauben einsetzen, damit sie uns durch Situationen hindurchtragen. Wir kommen mit Gebeten durch Kämpfe hindurch (oder auch durch Fürbitte von anderen). Sie erlebt dies in dem Traum als sehr anstrengend... es reichte immer für den Sieg, aber kostete viel Durchhaltevermögen und Kraft.

Bei Herausforderungen ist unsere Einstellung oft = es ist mehr Gebet notwendig, länger, anhaltender, mit mehr Beteili
gung, größerer Einheit, um zum Durchbruch zu kommen. Wir strecken uns aus nach Worterkenntnis, Prophetie oder Heilungsgaben. Das alles ist richtig – aber wenn wir hier um mehr bitten, was nimmt dann zu? Unsere Erkenntnis, unsere Gaben, unsere Gebetskraft…? – um dann schneller laufen zu können, größere Dinge zu tun?

Welch ein Unterschied zu dem Bild vom Fliegen aus dem Traum: Erreichen einer viel höheren Ebene, ganz mühelos. Der Start kam überraschend, sie hatte nichts dafür getan – hatte im Traum ausgerufen „Zieh mich dir nach, so laufen wir“ aus dem Hohelied 1,4. Der Schlüssel war offenbar diese Sehnsucht, dieses Verlangen, nahe bei Jesus zu sein. Das war die Kraft, die sie hochhob und fliegen ließ und sie auf eine höhere Ebene brachte.
Statt auf Jesus zu schauen, schauen wir oft auf uns: Habe ich genug gebetet, genug gefastet, heilig genug gelebt, habe ich es „verdient“? Habe ich den Fluss des Geistes auch nicht verpasst, habe ich richtig gehört und alles richtig gemacht? So kreisen wir um uns selbst, obwohl wir geistige Werkzeuge einsetzen.
Gott wirkt in seiner Gnade durch diese Dinge (Gebet, Fasten, Heiligung, Sein Wort hören und tun) – sie sind nicht falsch, die Frage ist, ob wir es dem „Juhu, das hat funktioniert - ich hab es richtig gemacht“ zuschreiben – oder seiner Gnade.

Auf eine höhere Ebene zu kommen – dieses Thema beschäftigt uns seit einiger Zeit (in Zusammenhang mit den Prophetien des kommenden Tsunamis). Wir wollen alle dorthin. Ich will auf Jesus schauen, nicht auf mich. Ich will nicht von ihm weglaufen in Schwierigkeiten, wenn etwas nicht so kommt wie ich es mir vorgestellt habe oder nicht zu dem Zeitpunkt wo ich es brauchte.

Das Hohelied beschreibt uns einen Zugang zu dieser besonderen Intimität mit Jesus, dem Bräutigam. Zuerst beschreibt die Braut ihre Sehnsucht nach dem König – und wird in die Gemächer des Königs geführt. Die Braut sieht zunächst noch ihre alte Identität „Schwarz bin ich“ – entsprach nicht dem Schönheitsideal – sie deutet eine schmerzvolle Vorgeschichte an… Dann beginnt der Bräutigam zu beschreiben, wie er die Braut sieht, wie schön sie ist. Es folgen verschiedene Beziehungsebenen, Nähe und Distanz, die Braut sucht und folgt dem Bräutigam, dann versteckt sie sich – und immer wieder ist da die Sehnsucht, einander zu hören, zu sehen, zu spüren. Auch die Anrede verändert sich: die Braut spricht anfangs vom König, der Bräutigam von der Freundin – und es wird daraus „mein Geliebter“ und „meine Braut“.
Gott lädt uns immer wieder ein, wir dürfen auf eine andere Ebene kommen, in der wir uns in einer Freiheit bewegen können – eben fliegen können wie in dem Traum. Diese Freiheit kommt aus dem Umgang mit Gott. Wir schauen sein Angesicht, werden satt an seiner Freundlichkeit. Wir kommen in Seine Ruhe und Seinen Frieden – und gleichzeitig in die pulsierende Freude, Leidenschaft und Liebe Seines Herzens.
Dort werden unsere Werkzeuge geschärft. Sein Salböl wird ausgegossen in und über uns – dann können wir laufen.

„Jünglinge ermüden und ermatten und junge Männer straucheln und stürzen. Aber die auf den Herrn hoffen, gewinnen neue Kraft, sie heben die Schwingen empor wie die Adler, sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht. (Jesaja 40,30-31)
Ein Adler kann aufgrund seines Körpergewichtes durch eigenen Flügelschlag nur kurze Distanzen fliegen, dann ist er müde. Aber wenn er den Aufwind erwischt, breitet er seine Flügel aus und wird buchstäblich nach oben getrieben. Der Adler braucht kein Fitnessprogramm, um die Muskelkraft seiner Flügel zu stärken – er braucht den Aufwind.
Lasst uns dem Aufwind nachjagen – dem „Zieh mich hin zu dir!“

Der Bräutigam sagt zum Schluß zur Braut: [i]Setze mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Denn die Liebe ist stark wie der Tod, und ihr Eifer unbezwinglich wie das Totenreich; ihre Glut ist Feuerglut, eine Flamme des Herrn.
Große Wasser können die Liebe nicht auslöschen, und Ströme sie nicht ertränken.[/i]